Storytelling, als Marketing Buzzword genutzt und gehyped, ist heute eine der bekanntesten und beliebtesten Methoden, die sich Unternehmen verstärkt zunutze machen, um ihre Botschaften und Informationen zu vermitteln. Warum erzählen Marken Geschichten? Was macht Geschichten aus? Was brauchen Geschichten, um in Erinnerung zu bleiben und die richtige Botschaft zu vermitteln? Können Geschichten überhaupt Mehrwert liefern? Das MUNICH DIGITAL INSTITUTE nimmt sich dieser Fragen an.
München, April 2017. Fragen werden hier sein: Inwiefern helfen (Bewegt-)Bildformate, Emotionen zu transportieren? Welche Vorteile bietet die Visualisierung, z.B. hinsichtlich Kundennähe. Werden wir künftig nur noch mit Bildern, Videos und Tönen und nicht mehr mit Texten kommunizieren? Wird sich diese Entwicklung in der Unternehmenskommunikation durchsetzen? Und können Marken mit diesen Formaten überhaupt nachhaltig operieren?
Für den Begriff Storytelling arbeiten wir im Folgenden mit der Definition von Dr. Karolina Frenzel:
„…Geschichten gezielt, bewusst und gekonnt einzusetzen, um wichtige Inhalte besser verständlich zu machen, um das Lernen und Mitdenken der Zuhörer nachhaltig zu unterstützen, um Ideen zu streuen, geistige Beteiligung zu fördern und damit der Kommunikation eine neue Qualität hinzuzufügen.“
in: Karolina Frenzel, Michael Müller, Hermann Sottong: „Storytelling – Das Praxisbuch“ (2006), S. 3
Geschichten werden seit Anbeginn der Menschheit erzählt (Quelle: forbes)
Das Internet bietet verschiedenste Kanäle und Plattformen für klassisches, visuelles oder sogar interaktives Geschichtenerzählen, z.B. in Form von
Geschichten werden seit Menschheitsbeginn erzählt. In Form von Höhlenmalereien, Märchen und mündlichen Erzählungen wurde Wissen weitergegeben, Erfahrungen geteilt und Werte und Normen vermittelt.
Geschichten sprechen das limbische System im Gehirn an. Hier liegen vor allem Emotionen und der Teil, der diese mit dem Gedächtnis verbindet und Erinnerungen schafft. Das Geschichtenerzählen ist daher ideal, um Informationen so interessant aufzubereiten, dass sie beim Nutzer ankommen und auch im Gedächtnis bleiben.
Storytelling in der modernen Unternehmenskommunikation greift dieses Konzept auf.
Natürlich wird zunächst eine gute Geschichte benötigt. Sie muss zum Image des Unternehmens passen, qualitativ hochwertig sein und vor allem (visuell) gut erzählt werden. Um die Aufmerksamkeit des Zuschauers nicht während des Erzählens zu verlieren, bedarf es eines guten Spannungsbogens, der sein Interesse aufrechterhält. Der Zuschauer sollte sich mit dem Charakter der Geschichte identifizieren können, denn nur so kann er eventuell auf etwas zurückschließen, was er selbst erlebt hat und somit eine Verbindung zum Gesehenen aufbauen.
Es reicht nicht aus, nur eine gute Geschichte zu erzählen, an die sich der Zuschauer erinnert. Am Ende sollte eine positive Botschaft verankert werden, die direkt mit dem Produkt oder der Dienstleistung des Unternehmens bzw. der Marke in Verbindung gebracht wird.
Storytelling kann sowohl für B2B als auch für B2C umgesetzt werden. Während beim B2B andere Unternehmen angesprochen werden, sind es beim B2C private Konsumenten: Zwei unterschiedliche Zielgruppen, zwei unterschiedliche Ansprüche. Das Hauptziel des B2B-Storytellings ist es, auf unterhaltsame Weise anderen Unternehmen Informationen darzulegen. Das B2C-Storytelling konzentriert sich vornehmlich auf die emotionale Bindung zum Kunden.
Reine „Inhalte“ lassen sich nicht leicht an den Kunden transportieren. In Zeiten des medialen Wettbewerbs und der Informationsflut des Internets müssen Inhalte nicht nur im Kontext der Nutzer sondern auch attraktiv umgesetzt werden. Ausgespielt mit ausgewählten Inhalten, Formaten und zur richtigen Zeit, zielt Storytelling darauf ab, Zielgruppen zu binden und als Unternehmen Präsenz zu zeigen. Ziele können sein:
Bild: Corporate Responsibility (Quelle: instagram pencilsofpromise)
Konsumenten werden angeregt: kein passives Rezipieren von Werbung, sondern aktive Teilnahme an der Geschichte – wahrnehmen, mitfühlen, neugierig werden, nachdenken, sich erinnern
Geschichten werden im Gehirn als Erfahrung und nicht als einfache Information abgespeichert und bleiben einfach und langfristig im Gedächtnis
Geschichten schaffen eine Verbindung zwischen Marke und Nutzer
durch den Unterhaltungsfaktor und die Interaktivität, also das Miteinbeziehen des Nutzers, identifiziert und begeistert dieser sich für die Marke
Crossmediales Storytelling ermöglicht eine hohe Kontaktrate (die Geschichte wird linear und chronologisch über unterschiedliche Medien und Kanäle hinweg erzählt)
Marken und Unternehmen bieten zahlreiche eigene Geschichten. Reale Geschichten eines Unternehmens wirken dabei am authentischsten, da im umgekehrten Fall die Glaubwürdigkeit verloren geht.
Die Kunst liegt im Herausfiltern dieser Geschichten und in der Umsetzung. Inhalte finden sich z.B.
in der Gründungsgeschichte eines Unternehmens, (Bsp. apple)
in einer problematischen Unternehmensperiode und deren Überwindung,
im Einfluss der Produkte auf das Leben von Menschen, (Bsp. Siemens answers)
in Geschichten der Mitarbeiter
aus Perspektiven von Kunden und Kooperationspartnern
Um Relevanz und das Schaffen von tatsächlichem Mehrwert zu gewährleisten, sind folgende Punkte ausschlaggebend:
Inhalt
Was ist das primäre Erzählziel?
Was ist das emotionale Herz der Geschichte?
Ist es spannend / emotional / aktivierend?
Ist es verständlich, authentisch, nachvollziehbar?
Ist das, was ich da erzähle, überhaupt relevant?
Zielgruppe
An welches Zielpublikum richtet sich die Geschichte?
Entstammt die Geschichte der Lebenswelt der Nutzer?
Zum Unternehmen / zur Marke
Passt der Kontext zum Unternehmen / zur Marke (z.B. Trendthemen)
Ist der Inhalt authentisch? Passt er zum Außenbild des Unternehmens?
Wird eine eigene Sprache anstatt 0-8-15 Phrasen verwendet, die helfen, Zugang zum Publikum zu schaffen?
Zielgedanke
Welche Botschaft soll vermittelt werden?
Was soll in den Köpfen der Nuter passieren? Welche Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, Handlungen sollen beim Empfänger ausgelöst werden?
Die Herausforderung liegt in der Planung einer durchdachten Strategie und ihrer Umsetzung: Von der Erstellung der zielgruppenrelevanten Inhalte bis zur Bespielung geeigneter Kanäle und dem Wissen um die eigenen Hintergründe und die der angesprochenen Zielgruppe.
Es geht im Storytelling nicht zwangsläufig darum, um jeden Preis eine tiefgründige, spannende oder berührende Geschichte zu kreieren. Storytelling muss zum Kontext, Produkt und/oder Marke/Unternehmen passen. Die Auswirkungen im umgekehrten Fall sind kurzlebige Effekte bei einer undurchdachten Kampagne und in schweren Fällen Unglaubwürdigkeit und das Gefühl von Täuschung bei den Nutzern.
Es geht zudem nicht nur darum, Unternehmen ausschließlich im Positiven darzustellen. Glaubwürdigkeit wird vor allem dadurch erlangt, dass man auch Schwächen thematisiert.
Welche Rolle Storytelling in der Unternehmenskommunikation spielt, darüber sprechen wir mit Sascha Pallenberg, Head of Digital Content bei der Daimler AG, auf der BEEF4BRANDS III.
Autorin: Elena Osiander