Content Marketing und Themensetting sind Schlagworte der Kommunikation. Die wenigsten nutzen aber Analytik, um zu verstehen, welche Inhalte wann wo und warum besonders gut oder schlecht performen. Das lässt sich ändern.
Es ist der Knackpunkt in jeder Marketing- und Kommunikationsabteilung: Der richtige Themen- und Mediensplit, um die Zielgruppen mit relevanten Inhalten genau an der richtigen Stelle zu versorgen. Teil von datengetriebenem Arbeiten muss von daher eine analytische Vorgehensweise für die Planung und Erstellung von Content sein.
Am „Wie“ scheitern indes die meisten. Im Folgenden seien die wesentlichen Punkte für eine datengetriebene Content Strategie aufgezeigt.
In all den Jahren, in denen ich intern und extern für die Unternehmens- oder Markenkommunikation diverser Unternehmen gearbeitet habe, lag immer folgendes vor: Eine Liste an strategischen Themen und Key Messages. Das ist nach meiner Erfahrung heute nicht anders. In der klassischen Inside-Out-Denke definieren Unternehmen, was sie den Leuten gerne vorsetzen möchten, welches gerade die wichtigsten Themen sind, mit denen man im Wettbewerbsumfeld punkten möchte. Das ist zunächst auch richtig so, reicht aber nicht aus. Folgende Struktur ist notwendig:
Dies sind die oben genannten im Unternehmen definierten großen Strategie-Themen. Die meisten haben dort heute Dinge stehen wie Attraktiver Arbeitgeber, Nachhaltigkeit, Digitalisierung. Wir sprechen wie man sieht vornehmlich über Image-Themen. Dazu kommen meistens Branchen- bzw. Produktthemen.
Hier wird es konkreter. Die taktischen Themen bilden in der Regel eine Unterkategorie der Strategiethemen. Das muss auch so sein, da im Prinzip jedes taktische Thema auf ein strategisches einzahlen muss, wenn die Planung konsistent sein soll. Daneben gibt es aktuelle Anlässe, die teilweise auch losgelöst von strategischen Themen laufen. Das kann z.B. eine Jahrespressekonferenz sein oder auch Issue Themen wie Umstrukturierungen.
Neben den oben genannten Themen aus dem Unternehmen heraus existieren Themen im Markt. Bei diesen kann das Unternehmen eine Rolle spielen, muss aber nicht zwingend. Konkrete Beispiele sind die Energiepreise in der Chemiebranche oder die Transformation in der Automobilindustrie bzw. das konkrete Thema E-Mobility. Hier stellt sich für Unternehmen oder Marken die Frage, inwieweit sie an diesen Themen partizipieren, auch als Share of Voice bekannt.
Die bisher genannten Kategorien gehen alle von einer Unternehmens- bzw. Branchenlogik aus. Es ist bekannt, in welchen Themen und in welchem Kontext man sich bewegt. Dementsprechend wird die Kommunikation nach dieser Logik strukturiert.
Eine andere oder besser zusätzliche Herangehensweise bildet das Clustering. Dieses löst sich von zuvor definierten festen Kategorien und setzt vielmehr darauf, Muster zu erkennen ohne Vorgabe. Clustering gibt es bei der Auswertung von Marktforschungs-Ergebnissen ebenso wie bei der Kunden-Segmentierung. Ziel von Clustering ist es, Gemeinsamkeiten bzw. Muster in Datensätzen zu finden.
Konkret: Der Kerngrund für Clustering ist letztlich, dass sich damit Zusammenhänge und Muster erkennen lassen, die menschlich nur schwer zu entdecken sind. "Posts auf LinkedIn --> höhere Impressions" lassen sich noch einfach entdecken, aber "Posts auf LinkedIn, gepostet zwischen 10 und 13 Uhr, zum Thema Umwelt und mit einem Link zur eigenen Webseite --> höhere Impressions" sind dann doch zu spezifisch, um per Hand danach zu suchen.
Für Inhalte und Themen sei dies an einem Beispiel erklärt:
Nachhaltigkeit steht bei nahezu jedem Unternehmen als strategisches Kommunikationsziel auf der Liste. Nachhaltigkeit ist aber ein sehr abstraktes Thema, unter das aufgrund der aktuellen Bedeutung eine enorm hohe Zahl an Beiträgen fällt. Innerhalb des Themas haben Unternehmen für Ihre Branche in der Regel Unterthemen definiert, z.B. Green IT oder Lieferketten. Sämtliche Beiträge werden dieser Struktur zugeordnet. Was ich damit aber nicht sehe, ist die Häufung von Beiträgen nach einem bestimmten Muster. Solche Muster könnten sein:
So könnte ein Cluster entstehen, dass zeigt, dass Inhalte zu Produktionsbedingungen besonders stark in Verbindung mit dem CEO konsumiert werden, während das Thema Green IT vor allem im Kontext der Arbeitgebermarke eine Rolle spielt – und dies wiederum nur in bestimmten urbanen Regionen.
Diese Cluster kann man bilden unter der Beteiligung des eigenen Unternehmens oder auch bewusst unabhängig davon. Im ersten Fall erkennt man, was FÜR das Unternehmen besonders relevant ist und gut funktioniert. Im zweiten Fall sehe ich, was UNABHÄNGIG vom Unternehmen von Interesse ist. Hier spielt der Datenzugriff eine Rolle. In der Regel sind für unternehmensbezogene Beiträge mehr Daten nutzbar als für nicht-unternehmensbezogene Beiträge (Public Data).
BI Lösungen wie Tableau oder Power BI liefern Ihnen Zugang zu Ihren Daten und machen sie erlebbar.
Cluster fügen der Inside-Out-Betrachtung über Themenkategorien also eine Outside-In-Betrachtung hinzu, indem sie darlegen, welche Gemeinsamkeiten Beiträge besitzen, die besonders häufig oder mit besonders viel Resonanz auftauchen. Sie prüfen im Wesentlichen aus einer Rezipienten-Sicht.
Damit ergeben sich für die Nutzung der Cluster folgende konkrete Möglichkeiten:
Letztlich ist Clustering also eine Unterstützung z.B. für das Themenmanagement im Newsroom. Die Cluster müssen abgeglichen werden mit der existenten Themenstruktur und ermöglichen dann entsprechende Optimierung bzw. Konkretisierung.
Für das Clustering ist der Zugriff auf Volltext und die wesentlichen Metriken Voraussetzung. Diese sind im Regelfall an den entsprechenden APIs verfügbar. Statt Volltext funktionieren auch andere Textsignale wie Überschriften, Tags, weitere Beschreibungen. Sie sind dann nur nicht so genau. Wesentliche Metriken definieren sich durch ein existentes Kennzahlen-Konstrukt und teilweise auch durch die Daten, die verfügbar sind. Wie oben beschrieben sprechen wir hier vornehmlich über Daten zur Reichweite, zu Interaktionen (bis hin zu Conversion) oder zur Aufenthaltsdauer.
Damit Texte einem Cluster zugeordnet werden, müssen die enthaltenen Wörter erst einmal in Zahlen umgewandelt werden, damit der Computer diese verarbeiten kann. Dafür gibt es verschiedene Algorithmen und Sprachmodelle, welche verschiedene Methoden dafür verwenden. Prinzipiell werden den Wörtern und Texten Zahlenrepräsentationen (Hochdimensionale Vektoren) zugeordnet, mit denen diese verglichen werden können.
Abbildung 1 - BERTopic Visualisierung der gefunden Cluster (Quelle: https://maartengr.github.io/BERTopic/getting_started/visualization/visualization.html#visualize-documents)
Dabei werden auch Homonyme beachtet, damit z.B. das Wort „Ökosystem“ sowohl im wirtschaftlichen als auch biologischen Kontext erkannt wird. Anschließend müssen dann basierend auf diesen Zahlenrepräsentationen (und eventuellen weiteren Einflussfaktoren) mit entsprechenden Algorithmen die Cluster gebildet werden.
Es gibt bereits bestimmte Algorithmen, die beides in einem können und nur noch basierend auf den Daten und dem Use Case angepasst werden müssen. Ein solcher Algorithmus ist z.B. BERTopic, welches außerdem verschiedene Visualisierungen für die erstellten Cluster anbietet.
Alternativ kann auch ChatGPT verwendet werden, um sowohl neue Themengruppen zu finden als auch Inhalte bereits existierenden Themengruppen zuzuordnen (nicht direkt mit BERTopic möglich). Beides ist sowohl für einmalige Analysen als auch kontinuierliche Zuordnungen möglich.
Autor: Christian Henne
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